Mehrbedarf und Sonderbedarf, zwei verschiedene Dinge
Der Sonderbedarf ist definiert in 1613 II Nr.1 BGB. Er muss unregelmäßig und außergewöhnlich hoch sein. Er muss also nicht mit Wahrscheinlichkeit vorauszusehen sein und konnte deshalb bei der Bedarfsplanung und Bemessung des Unterhaltes nicht berücksichtigt werden. Das außergewöhnlich hoch orientiert sich daran, ob Rücklagen aus dem Unterhalt dafür gebildet werden konnten und an den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eltern.
Die folgenden Beispiele sind fast alle umstritten und es gibt hier keine allgemeinen Wahrheiten, sondern es ist immer auf den konkreten Einzelfall abzustellen.
Sonderbedarf ja:
- Operationen, wenn nicht von Versicherungen abgedeckt
- Erstausstattung des Säuglings
- Umzugskosten
- Prozesskostenvorschuss
- Brille, wenn nicht von Krankenkasse
- Zahnarztkosten, wenn nicht von Krankenkasse
Sonderbedarf je nachdem:
- Schulfahrten/Klassenreisen. Hängt von der Höhe der Kosten, von der Bedeutung für das Kind, den wirtschaftl. Verhältnissen usw. ab
- Nachhilfe
- Computer
- Internatskosten, sehr unterschiedliche Entscheidungen
- Kommunion/Konfirmation, sehr unterschiedlich, meist nein
Sonderbedarf nein:
- Kindergartenkosten
- Auslandsstudium
- Familienfeiern
- Lernmittel, Schulbücher usw.
- Musikinstrument
- besondere Sportgeräte
- Sport allgemein
- Urlaubskosten
Der Unterhaltsschuldner muss im Sinne einer Warnfunktion rechtzeitig auf die Entstehung von Sonderbedarf hingewiesen werden. Sonderbedarf kann gem. 1613 II Nr.1 BGB während eines Jahres nach seiner Entstehung verlangt werden. Danach oder davor nur bei Verzug oder Rechtshängigkeit.
Der Sonderbedarf wird von beiden Eltern anteilig geschuldet (wie Kindesunterhalt bei Volljährigen), nach den Einkommen zueinander. Allerdings nur, wenn beide über dem Selbstbehalt (900,00 EUR netto) verdienen. Liegt die Mutter darunter, zahlt der Vater den Sonderbedarf allein.
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Mehrbedarf
Mehrbedarf liegt vor, wenn ein besonderer Bedarf vorliegt, der regelmäßig über einen längeren Zeitraum hinweg anfällt und der das Übliche demaßen übersteigt, dass die typischen Durchschnittsbeträge der Düsseldorfer Tabelle dies nicht berücksichtigen.
Ein klassischer Fall ist ein dauerhaft erhöhter Bedarf aufgrund einer Krankheit. Es zeigt sich allerdings eine Tendenz mehr und mehr Positionen diesem Mehrbedarf und nicht einem Sonderbedarf zuzuordnen.
Bei der Frage des Mehrbedarfes ist insbesondere zu prüfen, ob es sich tatsächlich um einen erhöhten Bedarf handelt oder aber auch diese Ausgaben bereits in den Tabellenbeträgen erfasst sind. Kleinere Klassenfahrten und Ausflüge können je nach den Kosten und dem gezahlten Unterhalt auch bereits enthalten sein. Zudem ist zu prüfen, ob die Ausgaben auch tatsächlich dem angemessenen Bedarf des Kindes entsprechen , also beispielsweise ob eine Nachhilfe tatsächlich erforderlich ist.
Mehrbedarfspositionen können beispielsweise die langfristige Nachhilfe, eine orthopädische Zahnspange, Studiengebühren, die Konfirmation oder ein Ganztagskindergarten sein.
Der Mehrbedarf muß durch eine Abänderungsklage geltend gemacht werden und unterliegt den für Unterhalt üblichen Regelungen beispielsweise bezüglich der Geltendmachung für die Vergangenheit (vgl. 1613 BGB).